Das Ding mit dem Hype 

Täglich wird eine Unmenge an Brandneuem, Trendigem, Nostalgischem, Wiederaufgearbeitetem oder Fortfolgendem auf den Markt geschmissen. Der Input ist endlos und die Nachfrage bestimmt natürlich den Marktwert. Manchmal vergessen wir dabei kritisch zu sein, aufmerksam, reflektierend. Was halten wir eigentlich davon, wenn wir nicht gerade auf der kommerziellen Welle gedankenlos dahinsurfen? Lasst uns unsere Aufmerksamkeit diesbezüglich auf den Gaming- Sektor lenken. Wir nähern uns mit der analytischen Sezierschere und werfen einen ungetrübten Blick ins Innere der Angelegenheit, die sich ohnehin schon seit Monaten von selbst aufbauscht. 

Das lang- und heiß ersehnte Harry- Potter- Spiel „Hogwarts Legacy“ wird seit dem 10. Feb. über die virtuellen Ladentheken geschoben und die Diskussionen über die Aussagen der Geschichtsurheberin J. K. Rowling, werden manchen aus den Medien nicht unbekannt sein.  
 
Um was geht es hier? Frau Rowling fällt seit spätestens 2019 nicht nur durch transfeindliche Äußerungen auf, sondern nutzt auch offenherzig ihre Reichweite zum Zweck der Verbreitung. 

Wie so Viele mit großem Drang, ihre zweifelhafte Meinung kund zu tun, setzt sie auf Twitter, um auf schnellem Wege eine breite Masse anzusprechen. Wie etwa im Fall einer verurteilten Frau, die ihren Job durch transfeindliche Äußerungen verlor und auf Rowling als Unterstützerin zählen konnte. Ihr öffentliches Statement „Nein zur Selbst- Identifizierung“, bezogen auf die geplante Gesetzesänderung in Schottland, die es trans*Personen erleichtert, ihre Identität gesetzlich anerkennen zu lassen, folgte prompt im vergangenen Jahr. Im Herbst ´22 setzte sie einen Post ab, auf dem sie sich mit einem T- Shirt, auf dem Nicola Sturgeon (schottische Regierungschefin) von ihr als „Zerstörerin von Frauenrechten“ tituliert wird, schmückte. Im Übrigen eröffnete sie unlängst ein Frauenhaus unter ihrer eigenen Ideologie, da sie selbst häusliche Gewalt erlebte. Wegen der neuesten Entwicklungen in der Politik, erwarte sie ein Eindringen von Männern in die Schutzräume der Frauen, weshalb ausschließlich Cis- Frauen in ihrer Einrichtung Einlass finden. Jahrzehntelang geführte Frauenhäuser anderer Institutionen meldeten sich daraufhin zu Wort. Diese Befürchtung sei ihnen in ihrer ganzen Laufbahn nicht einmal als Realität erschienen.  

Zwischenzeitlich machte sie sich über die Formulierung „Menschen ,die menstruieren“ lustig und forderte, man solle doch einfach von Frauen sprechen und befeuerte so die TERF- Debatte.  

(TERF ist eine Zuschreibung und wird von Frauen, die trans*Personen ausschließen, nicht als Selbstbezeichnung verwendet. Aus dem Englischen: Trans- Exclusionary Radical Feminism. Bedeutet Transphobie in radikalfeministischen Zusammenhängen. TERFS weigern sich nicht nur, mit trans* Menschen politisch aktiv zu sein, sondern leugnen auch deren Identität und Existenz.) 

Was nun? Die kollektive Liebe zu den „Harry Potter“- Charakteren und ihren Geschichten sowie ihre Welt, ist als Tatsache in Verkaufstabellen statistisch belegt und scheint wie geschaffen für einen weiteren herausragenden Erfolg, der die Nutzer*innen beglücken und die Kassen klingeln lassen soll. Gleichzeitig strotzt die Gaming- Community nur so vor „Selbst- identifizierter“ Vielfalt, die sich mächtig empört diese nicht widerstandslos aberkennen lässt. Auch wenn dies der Erfinderin höchst selbst, nicht recht ins femonationalistische Weltbild passt.  

Und was sagen die Herausgeber?  

Der Spieleentwickler Warner Bros. gibt ein undeutliches Statement ab. Wie zu erwarten, sollen alle erreicht werden. „Wir wissen, dass das ein sehr diverses Publikum ist. Für uns geht es darum, sicherzustellen, dass die Zuschauer, die immer von diesem Spiel geträumt haben, die Möglichkeit haben, sich wieder willkommen zu fühlen.“ 

Wie das aussehen soll und das es dabei natürlich hauptsächlich um Geld geht, bleibt unausgesprochen. 

Längst beschäftigt dieses Thema die gesamte Gaming- Branche. Während Streaming-Größe Gronkh für seine „ist mir Egal“- Haltung scharf kritisiert wurde, später jedoch erklärte, es gehe ihm bei dieser Aussage um Rowling, nicht um Trans*Menschen, beziehen zum Beispiel Rocket Beans Tv öffentlich Stellung. Man wolle keine Werbe-Deals eingehen, das Spiel aber nicht ignorieren sondern einen journalistischen Umgang damit finden. Weiter heißt es, Harry Potter sei ein wichtiger Teil der Popkultur, gleichzeitig profitiere davon eine Person, die ihre Reichweite zur Verbreitung von transfeindlichen Äußerungen nutze. 

Und was ist mit den Betroffenen? 

Gabriel_Nox Koenig vom Bundesverband Trans* e.V. hält es für schwierig Werk und Autorin zu trennen, besonders für queere Personen. Es sei nicht überraschend, das diskriminierte Gruppen das Spiel ablehnen würden. Ob es die Milliardärin, die es mit ihrem Erfolg von einer alleinerziehenden Mutter am Armutslimit, noch vor der Queen, zur reichsten Frau Großbritanniens und zur betuchtesten Autorin weltweit geschafft hat, auch nur im Ansatz juckt, von einer “Randgruppe” boykottiert zu werden? Und was wäre, wenn alle die wollen und können zeigen, welch gewichtigen Anteil tolerante Menschen in der Erdenbevölkerung darstellen,… vielleicht ließe sich ja doch etwas bewegen, etwas sichtbar machen. Nämlich die Stärke und Fülle hinter dem Wunsch nach Legitimation von Vielfalt und das Recht auf gelebte Selbstidentifikation als indiskutable Selbstverständlichkeit! Wir sind Viele!