Fünf widerlegte Mythen über das Hymen

Über das Hymen, das ihr vielleicht auch unter dem unpassenden Begriff “Jungfernhäutchen” kennt, kursieren so einige Unwahrheiten.

Wir wollen Fakten schaffen und räumen mit der Märchenstunde auf. Also: Vergesst alles, was ihr glaubt über das sogenannte “Jungfernhäutchen” zu kennen und macht euch auf ein paar AHA-Momente gefasst.

Fünf Mythen übers Hymen, die wir widerlegen:

1. Das Hymen ist eine kranzförmige Ansammlung von Schleimhautfalten ca. 1-2 cm hinter dem Vaginaleingang. Der Mythos, das Hymen sei eine Haut, die die Vagina wie eine Frischhaltefolie umschließt und beim ersten penetrativen Sex durchstoßen wird, ist falsch!

2. Die meisten Menschen mit Hymen bluten überhaupt nicht beim ersten Mal penetrativen Sex. Das Hymen ist nämlich sehr dehnbar. Manche können sogar Kinder gebären, ohne dass das Hymen verletzt wird. Aber ja, es stimmt: Manchmal kann es beim Sex – egal ob beim ersten oder hundertsten Mal – zu Verletzungen des Hymen kommen, aber beispielsweise aus dem Grund, dass der Vaginaleingang nicht feucht genug ist. In so einem Fall hilft zum Beispiel Gleitgel.

3. Wichtig zu wissen: Kein*e Ärzt*in kann erkennen, ob ihr schonmal penetrierten Sex hattet – auch nicht anhand eures Hymen. Das Hymen kann übrigens auch bei anderen Aktivitäten verletzt werden, wie z.B. Fahrradfahren oder Sport.

4. Nicht alle Menschen mit Vulva haben ein Hymen und, wenn sie eins haben, dann sieht das – wie so Vieles am menschlichen Körpern – bei jedem*r vollkommen unterschiedlich aus. Manche Menschen haben ein ringförmiges Hymen um den Vaginaleingang, andere zum Beispiel eher ein fransiges Hymen mit einem zackigen Saum. Bei wenigen Menschen sind Teile der Schleimhaut verwachsen oder die gesamte Vaginalöffnung ist verschlossen. Dann könnte eine OP nötig sein, weil sich Menstruationsblut und Sekret in der Vagina stauen kann, in diesen – wirklich seltenen (!!) – Fällen sollte man sich mit seiner Ärzt*in beraten lassen.

5. Last but not least: Nicht nur Personen, die noch nie penetrativen Sex hatten, besitzen das “Jungfernhäutchen”. Denn auch nach dem ersten (penetrativen) Sex besitzen Menschen ihr Hymen und im Übrigen auch nicht nur Frauen, sondern alle Menschen mit Vagina. Deshalb passt der Name “Jungfernhäutchen” nicht (mal ganz davon abgesehen, dass die Tatsache, ob eine Person schon Sex hatte oder nicht, sowieso kein Grund ist, sie wie auch immer zu bewerten). Wieso es dann immer noch so genannt wird, ist eine lange Geschichte, die viel mit einer männerdominierten Weltsicht zu tun hat, bei der weiblich sozialisierte Menschen, die noch keinen Sex hatten, mehr Wert zugesprochen wird als denen, die Sex haben. Das ist natürlich Quatsch, denn ob und wie häufig ein Mensch Sex hat, bestimmt nicht dessen Wert! Daher ist es auch so schön, dass viele Menschen anfangen, umzudenken: In Schweden zum Beispiel wurde das Wort “Jungfernhäutchen” 2009 abgeschafft, jetzt heißt es einfach “Vaginale Korona”, was aus dem Lateinischen kommt und so viel bedeutet wie die Vaginale(r) Krone/ Kranz und sich auf die anatomische Form des Hymens bezieht. Nicht schlecht, oder?

Manche Infos waren euch neu? Uns auch. Umso wichtiger ist es, über das Hymen aufzuklären, denn diese ganzen Falschinformationen können fatale Folgen für Menschen mit Hymen haben, indem sie sich unter Druck gesetzt fühlen, unter Beweis stellen müssen, dass sie noch nie Sex hatten oder unterdrückt und diskriminiert werden. Deshalb erzählt euren Freund*innen, Mitschüler*innen, Mitbewohnis, Eltern, Geschwistern und Lehrer*innen und allen anderen: Das “Jungfernhäutchen“ gibt es (so wie viele es kennen) nicht!