Vor einigen Wochen war es endlich so weit: ich habe die einjährige Weiterbildung zur Sexualpädagogin bei der Praxis für Sexualität in Duisburg erfolgreich abgeschlossen! An dieser intensiven, lehrreichen und spannenden Zeit möchte ich euch anhand einer kleinen Zusammenfassung teilhaben lassen:
Aber zunächst muss ich etwas loswerden: Jeder Person, die im pädagogischen/sozialen Bereich arbeitet, empfehle ich wärmstens an dieser Weiterbildung teilzunehmen & natürlich auch allen anderen Menschen, die Interesse an sexuellen Themen haben- Spoiler: Für mich war es nicht nur auf fachlicher Ebene, sondern auch eine persönlicher Ebene eine sehr bereichernde Zeit!
Seitdem ich die Graphik Novels von Liv Strömquist gelesen habe und erst mit 25. Jahren (!) von der tatsächlichen Größe der Klitoris erfuhr, ließ mich das Thema Sexualität und dessen historisch-gesellschaftliche Entwicklung und Umgang damit nicht mehr los!
Mit diesem Wissensdurst, gepaart mit aufgestauter Wut und Unverständnis über den eigenen sehr begrenzten Sexualkundeunterricht, machte ich mich auf die Suche nach noch mehr Input zum Thema Sexualität.
Nach meiner Verwunderung fand ich beim Durchstöbern des Internets bundesweit nur drei seriös erscheinende Stellen, die die Sexualpädagogik-Weiterbildung anbieten: BiKo Berlin, ISP Dortmund und die Praxis für Sexualität in Duisburg. Da der Weg nach Duisburg von meinem aktuellen Wohnort am kürzesten war, entschied ich mich ganz pragmatisch dafür und bewarb mich dort.
Voller Vorfreude, dass ich einen Platz bekam (und zudem glücklicherweise mein Arbeitgeber die Kosten für die Weiterbildung übernahm), wartete ich sehnsüchtig auf den Start des ersten Moduls. In Duisburg angekommen war ich überwältigt von den Praxisräumen, die sich in
einem alten Klinker-Gebäude befinden. Super viele sexualpädagogische Materialien, Bücher und Spiele sind dort ausgelegt, die zum Stöbern einladen.
Die Weiterbildung besteht insgesamt aus 8 Modulen und erstreckt sich über mehrere Wochenenden eines Jahres. Thematische Schwerpunkte sind: Biographie-Arbeit, Sexuelle Vielfalt, sexualisierte Gewalt, Medien & Sexualität und Beratung.
Neben den Wochenenden in Duisburg werden feste Praxisgruppen gebildet, die sich aus Teilnehmenden zusammensetzen und zum Austausch untereinander dienen. Die Zeit in den Praxisgruppen ist frei gestaltbar: Es können Ausflüge in Sexshops/Ausstellungen/Veranstaltungen etc. organisiert und anschließend reflektiert werden, aber auch (online) Gesprächsrunden zu einem bestimmten thematischen Schwerpunkt bieten sich an. Ein weiterer Aspekt der Weiterbildung ist die Erstellung eines Projekts: Unter der Vorgabe, dass eine Interaktion stattfindet, kann das Projekt ansonsten in Art und Weise der Umsetzung frei gewählt werden. Daher bieten sich Workshops zu einzelnen Themen der Sexualität an, es gab aber auch Teilnehmende, die sexualpädagogische Spiele entwickelt haben, die sie anschließend mit Menschen gespielt und reflektiert haben. Insgesamt muss ich sagen hat mir bei der Weiterbildung gerade der wertschätzende Umgang während des gemeinsamen Lernens sehr gefallen, diese respektvolle Atmosphäre habe ich in anderen Lern-Settings bisher noch nicht so erlebt. Ebenso fand ich es sehr bereichernd, dass Räume geschaffen wurden, um auf die eigene Sexolisation (Sozialisation mit Schwerpunkt auf Sexualität) zu blicken. Dies zunächst für sich ins Gewissen zu rufen und dann mit anderen darüber in den Austausch zu gehen, hat mir nochmal gezeigt, dass wir alle von klein auf sexuelle Wesen sind, aber es viel zu wenig Orte gibt, sich über die Erfahrungen auszutauschen! Ein weiterer WOW-Moment der Weiterbildung war, als Mithu M. Sanyal mit uns über ihr Buch „Vergewaltigung“ sprach. Das war ein kleiner Fangirl-Moment für mich! Insgesamt war es eine sehr intensive Zeit, in der ich viel über mich erfahren und viel gelernt habe!
Daher hier nochmal der Aufruf: Gerade in pädagogischen Settings kommt das Thema Sexualität immer wieder auf, und ein offener professioneller Umgang damit ist nicht nur Präventionsarbeit, sondern empowert und bestärkt zudem- deshalb ist die Weiterbildung meiner Meinung nach ein MUSS für pädagogische Fachkräfte!