Geschlechtergerechte Sprache – was? warum? wie?

„Gendern“ — vielerorts begegnet einem inzwischen dieses Thema und die Debatte um darum. Aber: WAS ist das eigentlich genau, Gendern? 

Man meint damit die Verwendung gendergerechter Sprache. Eine Sprache, die nicht von grammatikalisch männlichen Formen geprägt und dominiert ist, sondern eine, die Frauen, Transpersonen und alle, die sich keiner dieser Gruppierungen zuordnen, sicht- bzw. hörbar macht. Das Ideal wäre eine Sprache, von der sich alle Menschen repräsentiert fühlen, mit der sie sich respektiert, gesehen und wohl fühlen.

Über sehr lange Zeit hinweg war es völlig normal das sogenannte generische Maskulinum zu verwenden. Das bedeutet, dass die männliche Form eines Substantivs stellvertretend für alle benutzt wurde. Vor allem bei Berufsbezeichnungen und ähnlichem ist das ja auch kein Wunder. Schließlich gab es kaum weibliche „Studenten“, „Ärzte“, „Lehrer“, „Professoren“ oder „Politiker“. Die durchweg männlich besetzten Stellen der Gesellschaft brauchten die weibliche Form also überhaupt nicht. (Auf der anderen Seite gibt es einen kleinen Bereich, in dem wir gerne ausschließlich weibliche Formen verwenden: Hebamme, Krankenschwester, Stewardess oder Putzfrau. Schon mal aufgefallen? Und bei diesen handelt es sich oft um sogenannten „care“- Berufe, also jene Berufe, die Frauen traditionell zugeschrieben und zugetraut werden.) Sprache ist also immer auch Abbild gesellschaftlicher Zustände, sie ist politisch und potentiell  revolutionär. Dazu aber später mehr.

Zusammengefasst: Gendern ist der Versuch, in gesprochener wie geschriebener Sprache statt des generischen Maskulinums neue Formen zu finden und Sprache so unserer Zeit und Lebensrealität anzupassen und ggf.auch den Weg zu bereiten zu mehr Gerechtigkeit und Toleranz.

WARUM? Warum aber ist das so wichtig? Reicht es nicht, sich „mitgemeint“ zu fühlen? Ist nicht klar, dass mit Studenten weibliche, wie männliche oder andere gemeint sein können? In dieser Frage kann es helfen, das Szenario umzukehren: Was wäre, wenn man nur noch weibliche Formen verwendete? Würden sich Männer* so einfach „mitgemeint“ fühlen, wenn die Rede von Studentinnen wäre? Natürlich haben wir uns an das generische Maskulinum lange gewöhnt, wir mussten. Aber haben Frauen* und queere Menschen nicht mehr verdient? Hat nicht jede*r mehr verdient als nur  “mitgemeint” zu sein? Das sogenannte generische Femininum wird von einigen feministischen Strömungen sehr befürwortet als „Wiedergutmachung“ und um darauf aufmerksam zu machen, wie gewöhnt wir an die männlichen Formen sind. Auch argumentieren sie, dass die männliche Form des Wortes in der weiblichen für gewöhnlich enthalten ist, andersherum nicht (Lehrerin enthält auch Lehrer).

Fakt ist jedenfalls, dass die meisten männlichen Personen sich eben nicht „mitgemeint“ fühlen würden. Gegen das generische Femininum spricht außerdem, dass Transpersonen und solche, die sich nicht eindeutig zuordnen möchten, nicht berücksichtigt werden. Aus feministischer Perspektive ist es sicher besser, wenn jemand das generische Femininum oder beide Formen verwendet (Ärztinnen und Ärzte). Aber wirklich gendergerecht und queer-freundlich ist es nicht.

Zurück zur Ausgangsfrage: Warum ist es überhaupt wichtig unsere Alltagssprache kritisch zu hinterfragen? Dazu sollte man sich zunächst bewusst werden, welch immense Rolle Sprache für unser Leben, unsere Wahrnehmung von der Welt und vor allem unser Denken hat. Denn ein Großteil unseres bewussten Denkens ist sprachlicher Natur. Wir können also oft nur das Denken und Verstehen, was wir auch in Sprache denken und ausdrücken können. „Wir verständigen uns“, das heißt auch , wir gehen davon aus das Gleiche oder ein ähnliches Verständnis von den Wörtern zu haben, die unsere Sprache umfasst. Bei gegenständlichen Begriffen ist das unproblematisch, aber bei abstrakten Wörtern und ihren Nuancen wird es kniffliger. Und wenn wir andere Sprachen lernen müssen wir feststellen, dass es oft keine guten Übersetzungen gibt, die wirklich allen feinen Bedeutungen des Wortes enthalten. So vieles spielt in unsere Sprache. Und sie bestimmt unser Miteinander, ist geprägt von Kultur und einer langen Entwicklungsgeschichte. Sprache ist flexibel und wandelt sich, sie passt sich auch an gesellschaftliche Bedürfnisse und Zustände an. Aber wenn ich für etwas kein Wort habe, werde ich es überhaupt bemerken können?

Gendern hat also sehr viel mit Respekt, Bewusstwerdung und Benennung zu tun. Die Sprache muss Räume schaffen für alle. Die Sprache sollte nicht eine der Vergangenheit sein.
Aber WIE gendert man richtig? Da gibt es inzwischen viele Verschiedene Ansätze. Einige Möglichkeiten und ihre Vor- und Nachteile seien hier ausgeführt:

  1. Die Paarform, das heißt sowohl weibliche als auch männliche Form nennen, z.B. Schülerinnen und Schüler.
    PRO: Zwar werden hier Frauen und Männer gleichermaßen angesprochen, aber
    CON: Alle, die sich nicht als solche definieren, also non-binäre, Trans- oder intersexuelle Personen, nicht. Diese Methode ist also nicht inklusiv. Dazu sei gesagt, dass es in Deutschland seit 2018 rechtlich möglich ist als Geschlecht „divers“ anzugeben.
  2. Das Gendersternchen hat sich inzwischen ziemlich etabliert, wie wir auch in der Umfrage sehen.
    PRO: Ursprünglich kommt es aus der Programmiersprache, in der das Sternchen ein Platzhalter für alles mögliche sein kann. Es ist also sehr queer-freundlich und inklusiv. Außerdem ist es ein schönes, positives Symbol, mit dem sich viele wohlfühlen. Zumindest fällt es leicht, das Sternchen mit Diversität zu assoziieren. Bsp. Schüler*innen
    CON: Der große Nachteil des Sternchens ist, dass er von Vorleseprogrammen, die beispielsweise blinde Menschen verwenden, nicht erkannt wird. Das Programm liest also Schüler- Stern -Innen. Das Sternchen ist also leider bislang nicht barrierefrei.
  3. Den Doppelpunkt sieht man in letzter Zeit immer häufiger aus genau dem genannten Grund.
    PRO: Er ist barrierefrei und wird von besagten Programmen als kleine Pause vorgelesen. Darin, dass seine ursprüngliche Funktion auch ist, vor einer Aufzählung zu stehen, kann man seine Inklusivität sehen.
    CON: Möglicherweise ist er aber als Zeichen zu stark verwendet in anderen Zusammenhängen, während das Sternchen keine bedeutenden weiteren Aufgaben in der Schriftsprache erfüllt. Manche finden sogar, er liest sich für alle, die kein Vorleseprogramm verwenden, sogar zu flüssig. Denn ist nicht das „kurz-drüber-Stolpern“ Teil des Sich-Bewusstwerdens und die Irritation notwendig, um Veränderungen zu schaffen?

An mancher Stelle kann es elegant sein, einfach eine „neutrale“ Form des Wortes zu nutzen oder die „nd“ Form, also Teilnehmende, Studierende, … Das ist grammatikalisch zwar nicht dasselbe, in vielen Fällen aber auch eine gute Option. Neutrale Alternativen für Wörter findet ihr auch im folgenden Lexikon: https://geschicktgendern.de/

Viel wichtiger aber als die endgültige Entscheidung für eine Methode ist die Reflexion der eigenen Sprache und ihrer Tragweite, das kleine Stolpern beim Lesen oder die Überlegung, wie man etwas besser sagen kann. Am Anfang kann es sehr ungewohnt sein zu gendern, aber schnell merkt man, dass man immer häufiger daran denkt… und vielleicht irritiert einen dann sogar das generische Maskulinum?