Der Unterschied zwischen CSD und Pride-Parade

In vielen Ländern heisst der Christopher Street Day oftmals Pride-Parade. An diesem Tag gehen queere Menschen für ihre Sichtbarkeit, ihre Belange und ihre Forderungen auf die Strasse. Sie werden von solidarischen Mitbürgern begleitet. Das klingt brav und geordnet.

Wie es eigentlich abläuft wisst ihr, … es wird gefeiert, dass sich die Hauswände biegen! Wir finden, der Fokus darf auch nicht verloren gehen. Um was geht es eigentlich?

In der Christopher Street in New York kam es 1969 zu den sogenannten Stonewall- Aufständen, bei denen sich queere Menschen nicht das erste Mal, aber dort mit großem Aufsehen gegen Polizeiwillkür zur Wehr gesetzt haben. Dieser Kampf wurde zum Anstoß für die moderne queere Bewegung. Das Gedenken an diesen Tag hat in Deutschland einen historischen Unterschied zur USA. Hier wurden schwule Menschen mit der Begründung des Paragraph 175, der Homosexualität unter Männern unter Strafe gestellt hat, im zweiten Weltkrieg in KZ`s gesperrt und auch danach wurden zehntausende homosexuelle Menschen verfolgt.

“Pride” bedeutet “Stolz”. Das hat nichts mit dem Stolz auf die eigene sexuelle Orientierung zu tun, sondern soll den Widerstand gegen die Scham und das Stigma durch Diskriminierung hervorheben und den Mut, sich zu bekennen. Gefeiert werden auch die Errungenschaften und politischen Erfolge vorausgegangener Generationen. Durch die Größe der Paraden könnte zumindest in Deutschland davon ausgegangen werden, dass eine Sichtbarkeit erreicht ist. Jetzt geht es umsomehr um Details: gibt es innerhalb der queeren Community Diskriminierung? Welche Randgruppen werden noch nicht genügend thematisiert? Wie sieht die Gewalt gegen queere Menschen am Rande von Csd`s und Pride-Paraden aus und wo ist Diskriminierung in unserem Alltag gegenwärtig? Wo auf der Welt brauchen queere Menschen besonders unsere Unterstützung und Solidarität?

In Uganda zum Beispiel sind homosexuelle Handlungen illegal. Nun wurde jüngst ein neues Gesetz verabschiedet, dass die Todesstrafe für Homosexuelle in Fällen “schwerer Homosexualität” vorsieht. Personen oder Gruppen sowie Aktivist*innen, die sich dort für homosexuelle Menschen einsetzen, können nun mit bis zu 20 Jahren Haft verurteilt werden. Weltweit wird in 66 Staaten Homosexualität strafrechtlich verfolgt und in 12 Ländern droht noch die Hinrichtung.

Hier zu Lande wurden 2021 allein in Berlin über 500 Beleidigungen, Bedrohungen und Körperverletzungen gegen Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transpersonen erfasst. Tendenz steigend. Dunkelziffer unbekannt. Unser Privileg liegt nicht darin, vor All dem sicher zu sein. Aber vielleicht dürfen wir wahrnehmen, dass wir in einem Land leben in dem über 80 Organisationen und Netzwerke in goßen Unternehmensgruppen wirken, wie z.B. der Bundesverband Trans*, BLSJ- Bund lesbischer und schwuler JournalistInnen, QUEERBW- Interessensvertretung queerer Menschen in der Bundeswehr, LSVD- Lesben- und Schwulen Verband Deutschland, OII GERMANY- Bundesdeutsche Vertretung der internationalen Vereiningung intergeschlechtlicher Menschen, VELSPOL HESSEN- queeres Netzwerk für Polizei, Justiz und Zoll, WIRTSCHAFTSWEIBER- Verband lesbischer Führungskräfte, MEIN GESCHLECHT- Portal für inter*, trans*genderqueere Jugendliche und viele, viele mehr die dafür sorgen, dass wir vertreten sind, für uns eingestanden und an einer Normalität gearbeitet wird.

Zusammen mit 33 anderen UN-Mitgliedsstaaten verfolgte Deutschland in den letzten Jahren die Gesetze zur Kriminalisierung von Homosexualität. Weltweit haben 34 Länder die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet (Deutschland 2017). Insgesamt haben 12 Staaten in ihrer Verfassung ein ausdrückliches Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung verankert.

Deutschland hinkt an diesem Punkt. Homosexuelle wurden 1949 als einzige Opfergruppe der Nationalsozialisten in Artikel 3 Absatz 3 nicht aufgenommen, bis heute. Auch wenn Artikel 1 jegliche Diskriminierung und Ungleichbehandlung ausschliessen soll, fehlt die ausdrückliche Festsetzung, dass dies für alle Menschen gilt, nicht nur für Männer und Frauen.

Trotzdem lässt sich durch die dargestellten Vergleiche so manches Privileg bemerken das wir leben können. Leute, lasst uns das nicht vergessen. Dafür dürfen wir mit aller Ernsthaftigkeit dankbar sein.