Ja, das stört mich wirklich

Wenn ich meine Gynäkologin in meiner Heimatstadt anrufe, begrüßt sie mich mit: „Was kann ich für dich tun, Liebes?“ Dass sie eine tolle Ärztin ist, war mir immer klar, aber was für ein Glück ich mit ihr habe, ist mir erst bewusst, seit ich in eine andere Stadt gezogen bin. Seit ich die unmöglichsten Kommentare von anderem gynäkologischen Fachpersonal erhalten habe, während ich in den letzten Monaten fast wöchentlich in der gynäkologischen Ambulanz war. Dieser Text soll keine Angst vor Gynäkolog*innen machen, er soll aufzeigen, dass es sich lohnt, sich Ärzt*innen zu suchen, denen ihr vertraut und bei denen ihr euch wohlfühlt. 

Ich habe an meine Gynäkolog*innen andere Ansprüche als an meine HNO-Ärzt*innen. Meine Nase ist mir deutlich egaler als meine Vulva, über Schnupfen reden die Leute anders mit mir als über einen vaginalen Pilz. An meiner Nase hängen weniger Erinnerungen als an meinem Unterleib – positive, aber vor allem auch negative – und wenn eine Ärztin unachtsam mit meiner Nase umgeht, dann hat das weniger drastische Konsequenzen für mich, mein Körpergefühl und mein Sexleben. Ich möchte, dass sich mein*e Gynäkolog*in dessen bewusst ist und dementsprechend handelt. Egal, wie oft ich diese Routineuntersuchung schon erlebt habe, ich möchte, dass die untersuchende Person mir sagt, was sie tut und warum, anstatt einfach irgendwelche Dinge in mich einzuführen. Konsens gilt nicht nur für Sexualpartner*innen, Konsens gilt genauso für Ärzt*innen! 

Es ist oft schwer, sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht, sich diese zu suchen und sich nicht zu fühlen, als wäre man eine Zeitverschwendung, gerade, wenn man von Gynäkolog*innen im Krankenhaus behandelt wird, wo Zeit ein rares Gut ist. Ich musste einmal sogar meine beste Freundin mitnehmen, damit sie mir bis kurz vor dem Termin sagt: „Es ist gerechtfertigt, dass du hier bist. Du hast Beschwerden. Die kriegen Geld dafür.“ Nur weil mich die Woche zuvor die Oberärztin gefragt hatte: „Stört Sie das wirklich so sehr?“ Ich würde ja Kontext geben, aber mein Punkt ist, dass es vollkommen egal ist, was ihr habt, was euch bedrückt und beunruhigt. Wenn ihr ins Krankenhaus geht, stört es euch ganz offensichtlich und ihr gehört ernstgenommen! Dieser Kommentar hat mich verunsichert, aber rational weiß ich, dass diese Ärztin unmöglich war und ich deshalb auf keinen Fall aufhören darf, mich mit meinen Beschwerden an Fachleute zu wenden. 

Meine Gynäkologin zuhause drückt mir öfter mal während der Behandlung einen Spiegel in die Hand, damit sie mir genau zeigen kann, was an meinem Körper passiert, wie Wunden verheilen, wo ich Salbe verwenden muss etc. Sie will, dass ich verstehe. Und ich will das auch. Mir ist klar, dass nicht alle die Kapazitäten haben, sich diese Zeit zu nehmen, aber ich empfehle euch wirklich, eine Praxis zu suchen, die diese Kapazitäten hat. 

Das Thema Verhütung ist auch oft eines, bei dem Gynäkolog*innen sich auf einmal unbeliebt machen. Der Wunsch nach hormonfreien Verhütungsmitteln ist nun wirklich nicht mehr neu, trotzdem schaffen es viele Personen im Gesundheitsbereich nicht, neutral zu bleiben und Patient*innen das nicht ohne lange Umschweife auszureden. Natürlich darf man mir erzählen, welche Vorteile die Pille hat und wie schwierig die Optionen sein können (als wäre die Pille nicht schwierig), aber ich will eine Beratung, kein Gespräch mit einem Pharmavertreter.  

Eine*n gute*n Gynäkolog*in zu finden ist oft kräftezehrend. Aber für mich ist es machbar. Ich erwähne immer beim ersten Termin, dass ich Sex mit allen Geschlechtern habe, damit ich nicht drei Termine später plötzlich Queerfeindlichkeit erlebe (was natürlich trotzdem sein kann). In den meisten Fällen merke ich da aber schon, wie der Umgang damit in dieser Praxis ist. Das ist aber die einzige Art von Diskriminierung, die mir widerfährt. Ich bin weiß, dünn und privatversichert, mein Weg ist nicht steinig, da liegt höchstens ein bisschen Kies. Für viele trans* Personen, BIPoC und dicke Menschen kann der Besuch bei Ärzt*innen viel traumatisierender sein. Hier versuchen Online-Foren zu helfen: sie bieten Listen mit Praxen, die eben nicht queerfeindlich, fettfeindlich oder rassistisch sind – diese verlinke ich euch unten. Natürlich ist es damit nicht getan. Auf den Listen finden sich vor allem Praxen in großen Städten, nicht auf dem Land und das strukturelle Problem, dass Schwarze Menschen und viele andere in der Medizin vernachlässigt werden.  

https://queermed-deutschland.de

https://deutschlands-dicke-seiten.de/forum/aerzteliste.php

Wir haben keine Seite gefunden, die solche Listen für BIPoCs erstellt. Wenn ihr einen Tipp habt, teilt den gerne mit uns und wir teilen es.